Life is life

Eigentlich hatte ich vor diesen Blog für allgemeine, wohl eher belanglose Muttigedanken zu nutzen. Das war der Plan. Das Leben funktioniert aber nicht nach einem Plan. Wir glauben, alles im Griff zu haben und planen zu können, womit wir unsere Zeit verbringen oder unser Geld verdienen oder unser Leben. Doch dann kommt das Leben persönlich vorbei, klopft an die Tür und ruft laut: „Ätschibätsch, das haste dir vielleicht nicht so gewünscht und vorgestellt, aber ich hab hier mal ne krasse Wendung in deinem Drehbuch namens Leben vorbereitet, damit es nicht zu langweilig wird. Kennst mich ja. Ich bin eher so der spontane Typ und passiere eher unverhofft.“

Deshalb beschäftigen mich momentan andere Gedanken als der übliche Mamikram. Nachzulesen ist eine erste Auslese hier. Falls das hier überhaupt jemand lesen sollte…

Das sind bislang nur erste, wenige Gedanken und Beiträge dazu, die eher noch unsortiert sind. Das wird sich hoffentlich bald ändern. Bis dahin versuche ich meine Sprache zu dem Thema wiederzufinden, denn bislang kann ich es nur chronlogisch erzählen, aber schaffe es noch nicht es in meine, ganz eigenen Worte zu fassen.

„Entschuldigung, darf ich mal bitte…“

Ich bin ein kleiner Mensch und meist flott unterwegs, vor allem zu Fuß. Geht es zu langsam, weil es zu voll ist, such ich mir die passenden Lücken und flutsch durch die Menschenmassen. Deshalb war die Kö samstags auch nie ein Problem, weil ich wie ein Wiesel rechts oder links an den Schnecken vorbeiziehe. Bislang!

Mit Kinderwagen ist man, o Wunder, langsamer unterwegs, weil die Schrittlänge einfach kürzer ist, wenn man nicht ständig im Gestäng hangen bleiben will und weil man auf einmal mit der Masse mitschwimmt. Bei der Auswahl des Kinderwagens, die ja eine Wissenschaft für sich ist, haben wir uns extra für einen wendigen Cityflitzer entschieden, der sich leicht zusammenklappen lässt, nicht viel Platz wegnimmt und bei dem man in Bus und Bahn nicht die Türen ausbauen muss, um flott einzusteigen. Der Hartan VIP war deshalb für uns der ideale Wagen, da tatsächlich sowohl große als auch kleine Menschen damit gut umgehen können. Aber trotz wendigen Kinderwagens ist es gar nicht mal so leicht sich seinen Weg zu bahnen – sei es auf der Straße oder in Geschäften. Man hat meist eine leicht nach vorne gebeugte Haltung, damit man nicht brüllen muss und das Kind weckt, wenn man zum gefühlt zehnten Mal von hinten anrollt und sagt „Entschuldigung, darf ich mal..? Danke!“ Natürlich macht dann auch jeder bereitwillig Platz, trotzdem meide ich kleine oder überfüllte Geschäfte so gut es geht.

Es ist aber beachtlich wie unterschiedlich die Leute mit Müttern und Kinderwagen umgehen. Es gibt die Königsklasse, die einem selbstverständlich die Tür aufhalten und sogar noch warten, wenn man gerade erst angerollt kommt, dann gibt es die Scheuklappenfraktion, die einfach nichts wahrnehmen und auch nicht registrieren, dass man gegebenenfalls Hilfe braucht. Die sind aber nicht so schlimm, wie die Fraktion Superdreist: die huschen durch die Tür, wenn man gerade die Tür aufgemacht hat, mit einem Fuß die Tür offen hält und mit der anderen Hand versucht den Kinderwagen durch die Tür zu manövrieren. Kennt ihr die? Es gibt aber auch welche, die denken richtig mit. Das sind meist selber Mütter. So geschehen an der U-Bahnstation Heinrich-Heine-Allee als eine Frau vor mir ging und für mich auf den Aufzug drückte bevor sie selbst die Treppe nahm mit den Worten: „Ich kenn das. Das dauert ja ewig bis der Fahrstuhl oben ist.“ Zugegeben so weitsichtig war ich ohne Kind vorher auch nicht.

Und für die Ignoranten und die ganz langsamen Schnecken auf den Fußwegen, kauf ich mir demnächst ne Klingel – sollte man eigentlich serienmäßig bei einem Kinderwagen mitliefern.

Top: Der Schwan

Der Schwan am Burgplatz war bislang nicht unbedingt ein Lokal, das ich regelmäßig besucht habe, aber als Mutti bin ich da mittlerweile gerne und oft, denn der Laden überzeugt absolut! Das beginnt schon beim Betreten oder besser gesagt Berollen der Räumlichkeiten. Wenn ein Kellner es sieht und eine Hand frei hat, wird einem hilfsbereit die Tür offen gehalten und auf die Frage, ob es okay ist mit dem Kinderwagen einen Platz zu suchen, kommt ein überraschtes: „Natürlich, wieso denn nicht?!“ Sogleich werden dann auch Tische und Stühle zur Seite geschoben, damit man mit Kinderwagen problemlos zum Platz rollen kann. Selbst in der gut gefüllten Mittagszeit ist man absolut willkommen und wird gefragt, ob man noch irgendwie behilflich sein kann. Das ist wirklich selten. Gerade zur Mittagszeit, habe ich das bislang sonst nur im MoschMosch erlebt.

Krönendes Highlight war beim ersten Besuch mit Kinderwagen die besorgte Nachfrage des Kellners, ob er es richtig verstanden habe, dass wir einen Milchkaffee haben wollen. Er sei sich nicht sicher und wolle noch einmal nachfragen, ob wir nicht doch einen entkoffeinierten Kaffee haben wollen wegen der Kinder. Nicht, dass die dann vielleicht nicht schlafen können. Erstklassig bleibt da nur zu sagen: nettes, freundliches Personal, das auch noch für einen mitdenkt, wenn man es selber mal wieder vergißt! Einzig eine Wickelmöglichkeit fehlt, aber vielleicht ändert sich das ja noch.

Am Rande: Wisst ihr, warum der Schwan eine Ente als Logo hat, obwohl das Lokal doch Schwan heißt? Nein? Dann studiert beim nächsten Mal die Speisekarte. Die Erklärung ist eine wirklich süße Geschichte.

 

Flop: Das Miss Moneypenny

Jeder hat so seinen Lieblingsladen für bestimmte Sachen. Zum Beispiel mag ich das Kleidsam sehr gern zum Shoppen oder den Bösen Chinesen, um flott eine selbstgemachte asiatische Nudel zu drehen oder das Miss Moneypenny für ein ausgedehntes Sonntagsfrühstück. Bislang!

Bislang habe ich das Miss Moneypenny als kinderlose Spätaufsteherin gerne am Sonntag besucht bei Mangoquark mit Früchten und Crepes mit Ahornsirup und Blaubeeren. Herrlich! Mir gefällt die Optik des Ladens und dass man problemlos mit vielen lieben Menschen an einer langen Tafel frühstücken kann.

Aber das war einmal, denn als frisch gebackene Mutti ist meine Erfahrung mit dem Laden ist mehr als befremdlich. Ich hätte ja nie gedacht, dass man mit einem Kinderwagen und dazugehörigen Kind mit so viel Abscheu begrüßt werden kann. Die ganze Geschichte dazu geht so: eine Freundin und ich sind zum Frühstück verabredet an einem sehr gewöhnlichen Montagmorgen. Am Rande bemerkt war es die erste Verabredung mit Kind außerhalb der heimischen vier Wände, dementsprechen groß war die Aufregung und Anspannung, ob denn auch Bus, Bahn, kindliche Laune und mütterliche Nerven mitspielen würden. Mit einem Kinderwagen ins Miss Moneypenny zu wollen, ist schon eine Herausforderung in Sachen Geschicklichkeit und Schnelligkeit. Die Stufe ist hoch, die Flügeltüren schwingen in alle Richtungen und auf Hilfe kann man lange warten. Lieber werden Mütter zwischen den Türen hängengelassen in der Hoffnung, dass sie von selbst aufgeben und schnell die Flucht ergreifen. Die Freundin, ebenfalls mit Kind und entsprechendem Wagen unterwegs, wurde vom Kellner mit den freundlichen Worten „Wie viele kommen denn bitte noch von euch?“ in Empfang genommen. Eine Frage, die man als nett empfinden könnte, wenn man sich freuen würde über eine ganze Schar an Müttern, die nach dem Pekip-Kurs ihr Frühstück einnehmen wollen. Zumal dann ja auch die Kasse klingelt an einem lauen Montagmorgen. Aber weit gefehlt. Die Betonung lag eher auf einem abfälligen „euch (??!!)“. Zugleich kommt eine panische Mitarbeiterin aus der Küche angeflogen, wendet sich an den Kellner und zeigt bissig auf Zeitungsablage mit den Worten:  „Die kann den Wagen ja davor abstellen.“ Die, stand direkt neben der guten Dame, so dass eine direkte Ansprache nicht nur nett, sondern auch höflich gewesen wäre. Dem nicht genug, ergänzt der Kellner die allgemeine Unfreundlichkeit und weist daraufhin, dass es nicht umsonst keine Hochstühle für Kinder gebe. Nun denn, denkt sich die Freundin, ist wirklich alles andere als nett hier, aber es ist wenig los, es gibt gutes Frühstück, wir sind hier verabredet und nimmt erst einmal Platz.

Ich fliege mit etwas Verspätung ein und mühe mich ebenfalls an der Tür ab ohne behilfliche Hand und wuchte Kind, Wagen und mich mit viel Schwung in den Laden. Ein wenig gestresst komme ich an und stelle den Wagen erst einmal vor dem Tisch ab, um Tasche, Jacke & Co abzulegen. Der unglaublich abfällige Blick des Kellners entgeht mir dabei nicht und ich versuche zu beschwichtigen und sage, dass ich nur kurz ablege und den Wagen dann richtig positioniere, um nicht im Weg zu sein. Die Antwort passt zum restlichen Verhalten: „Ja, das will ich hoffen. Auf solche Dinger habe ich einen besonders kritischen Blick!“

Na dann. Nachdem mir die Freundin ihre nette Begrüßung erzählt, ist klar: wir gehen. Ohne Bestellung, ohne Frühstück und mit leerem Magen. Bei unserem Abgang ist man uns wieder genauso nicht behilflich. Da sind sie wenigstens konsequent.

Ich weiß ehrlich nicht gesagt, ob es tatsächlich zur strategischen Ausrichtung des Ladens gehört, dass man Mütter mit Kind so kolossal unhöflich und abweisend behandelt oder wir einfach der Launenhaftigkeit eines einzelnen Kellners zum Opfer gefallen sind. So oder so ist das Miss Moneypenny für jeglichen Besuch gestorben. Mir ist einfach unbegreiflich, wie man so kinderunfreundlich sein kann. Ein Verhalten, das ich so deutlich sonst noch nie erlebt habe un irgendwie auch unpassend finde. An einem Sonntagmorgen, an dem die Kuh fliegt und der Laden aus allen Nähten platzt, könnte ich das mehr als verstehen und würde mit einem sperrigen Wagen auch ungern Platz rauben. Aber an einem durchschnittlichen Montagmorgen, an dem nur drei Tische belegt sind und sonst nur gähnende Leere, finde ich das mehr als asozial. Denn die Frage stellt sich ja, ob ihr liebe Miss Moneypennies, auch Rollstuhlfahrer mit den Worten begrüßt: „Wie viele kommen denn noch von euch?“

Wenn die Blätter fallen

CountdownIch bemüh mich hier einer etwas weit hergeholten Metapher, aber in den letzten Tagen habe ich ständig das Bild vor Augen, wie Blätter von einem Kalender heruntersegeln. Die Zeit verstreicht und nichts passiert. Hab ich mich doch im letzten Blogpost über Schwangerschaftsabschied ausgelassen und bereits die neuen Zeiten begrüßt, die vor der Tür stehen, werde ich nun auf die Geduldsprobe gestellt. Es tut sich nämlich nüscht. Der Geburtstermin liegt mittlerweile acht Tage zurück und der kleine Mann macht keine Anstalten sich auf den Weg zu machen. In der Beziehung kommt er schon jetzt auf seinen Vater. Der liegt auch gerne noch ein, zwei Stündchen länger im Bett, wenn er kann. Aber warum auch nicht? Ihm scheint es weiterhin gut zu gehen und er genießt es in seiner warme Höhle herumgeschaukelt zu werden und ist auch in der Hinsicht ganz der Papa, den locken warme Sonnenstrahlen auch mehr als die momentan knackekalten Wintertemperaturen da draußen.

Allerdings kann man sich nicht frei davon machen, dass die Ungeduld wächst. Irgendwie hatte ich die ganze Zeit den einen Tag im Kopf und habe vielleicht gedanklich noch so zwei, drei Tage draufgerechnet, aber so langsam bewege ich mich auf eine Ziellinie zu auf deren Banner dick und fett „Einleitung“ steht. Ein Begriff, den ich sonst nur mit einem Kapitel eines Textes verbunden habe und nun höre ich täglich auf meine Frage: „Wie gehts denn nun weiter?“ von meiner Ärztin „Einleitung, wenn er nicht bis Ende der Woche da ist.“ Gelinde gesagt finde ich das scheiße. Das ist ärztliche Effizienzstrategie mit schneller Kostenabwicklung und Problemlösung. Zack, einleiten, Kind raus, Rechnung schreiben und fertig ist die Schwangerschaftskiste. Zum Glück gibt es aber auch Ärzte, die das anders sehen und gemeinsam mit einem überlegen, wie man nun weitermacht, welche Optionen es gibt und ob man auch weiterhin unter strenger, täglicher Bewachung abwarten kann. Mit so einem Menschen bin ich übermorgen verabredet – wobei ich natürlich mehr darauf hoffe, dass dieser Termin dann gar nicht mehr nötig ist und der kleine Mann zunehmend Platzprobleme bekommt und sich nach draußen rettet. Es gibt sicherlich genügend Fälle bei denen eine Geburtseinleitung Sinn macht und ich kann auch absolut verstehen, wenn man als Frau sagt: Alter Vadder, wenn nicht bald das Baby da ist, hol ich es zur Not selbst.

Die Grundstimmung bei den „Über-Termin-Muttis“ lässt sich mit den Worten ungeduldig, sorgenvoll, unruhig und zunehmend genervt kurz umschreiben. Wobei letzteres meist vom näheren und entfernteren Umfeld ausgelöst wird. Täglich meldet sich jemand neues mit der immer gleichen Frage: „Wie? Immer noch nichts?“ Auf der einen Seite freut einen das sehr, weil man merkt, wie viele tolle Menschen um einen herum an einen denken und mitfiebern. Auf der anderen Seite weiß man aber auch nicht mehr was man antworten soll und kann jeden, wirklich jeden, gut gemeinten, wehenfördernden Geheimtipp mit beten. Eigentlich ist auch alles wehenfördernd: ein Spaziergang, Himbeerblütentee, der wie Hamster-Pipi schmeckt, Fenster putzen… – vermutlich ist auch der tägliche Blick in den Spiegel wehenfördernd. Der wird mit der Zeit nämlich auch nicht besser und die mutzige Stimmung zeigt sich auch in der Mimik. Ganz schlimm auch der Kommentar: „Entspann dich. Wenn du entspannt bist, dann ist auch dein Kind entspannt und dann kommen die Wehen ganz von allein!“

Ernsthaft. Wenn mir noch einer mit dieser Spitzfindigkeit kommt, gibt’s ne Einleitung – aber nicht fürs Kind.

 

Abschied und Neubeginn

Zugegeben die Überschrift klingt wie ein Zitat aus dem katholischen Gemeindeblatt, aber ich befinde mich gerade wirklich zwischen zwei Welten. Es heißt langsam Abschied nehmen von der Schwangerschaft und dem dicken Kugelbauch und damit auch Abschied nehmen von neun hormonell gesteuerten Monaten. Ich kann mich wirklich nicht beklagen, denn ich hatte eine rundum sorgenfreie, weitestgehend problemlose Schwangerschaft. Gut, ein paar kleine Wehwehchen, die einen für einen Tag mal kurz aus der Bahn geworfen haben, aber keine Übelkeitsanfälle, keine Wassereinlagerungen, keine Schwangerschaftsstreifen, keine unkontrollierbaren Heißhungerattacken und, das hat vermutlich den Mann am meisten gefreut, keine krassen Stimmungsschwankungen. Zwischenzeitlich musste ich immer mal wieder mal auf den Bauch schauen, um mich zu vergewissern, dass ich überhaupt schwanger bin. Dafür bin ich dankbar und weiß diese privilegierte Zeit sehr zu schätzen.

Trotzdem bin ich froh, dass es bald soweit ist, denn mit der Murmel wird es doch von Tag zu Tag anstrengender. Liege ich auf dem Sofa, komme ich mir vor wie der Mistkäfer aus Biene Maja, der auf dem Rücken liegt und mit Armen und Beinen zappelt in der Hoffnung, dass eine helfende Hand naht, um wieder aufzustehen. Auf der Straße geht es wirklich nur noch im gesitteten Schneckentempo voran und es kommt zuweilen sogar vor, dass mich eine Omi mit ihrem Rollator auf der linken Spur überholt. Ganz zu schweigen von der hysterischen Angst, die einen in den letzten Wochen begleitet, dass die Fruchtblase im Supermarkt, am Geldautomaten, in der Bahn oder sonst einem völlig ungeeigneten Ort platzt. Die Nächte werden auch nicht besser, denn neben dem monströsen Bauch, den man erstmal in die richtige Position bringen muss, um dann nach fünf Minuten festzustellen, dass die andere Seite doch besser war, begleitet mich nachts auch immer eine leichte Unruhe. Der Kopf macht Gedankenpurzelbäume und kommt nicht zur Ruhe, so dass ich manchmal einfach nur zwei Stunden rumliege und mir Gedanken über alles mache. Von der Wäsche bis zu „Schaff ich das überhaupt, dieses Muttersein“? Jeder Gedanke zählt und wird vom Kleinhirn so lange durchgekaut bis der Wecker frühe Morgenstunden anzeigt.

Gleichzeitig heißt es auch Abschied nehmen von einem alten Leben, das sich zwar in den letzten neun Monaten schon deutlich geändert hat, der radikale Umschwung aber noch bevorsteht. Früher habe ich es keine drei Abende hintereinander zu Hause ausgehalten: Kino, Sport, Essen gehen, Freunde treffen, ein wenig Kulturprogramm, Feierabendbierchen, im Sommer mittwochs auf die Ratinger und am Wochenende ein bisschen steil gehen waren mein konstanter Kreislauf. Das hat sich bereits drastisch reduziert. Die Abende zu Hause sind mittlerweile eher die Regel und von Party am Wochenende habe ich mich bereits im Frühjahr verabschiedet – wenn man es genau nimmt, war ich im letzten Jahr kein einziges Mal richtig tanzen. Waren nette Abende im Restaurant oder Kino sonst mein ‚unter-der-Woche-Programm‘, waren dies nun die Highlights am Wochenende. Nestbau und Zukunftsplanung standen im Vordergrund. Der Alltag hat sich deshalb schon leise und unauffällig verändert. Doch was ihn in nächster Zeit prägen wird, kann ich nicht anders beschreiben als mit Neubeginn. Ich habe keine Ahnung, was mich genau erwartet, aber eins steht fest, die Abende zu Hause werden wohl eher noch mehr als weniger werden.

Sag niemals nie oder wie es zu diesem Blog kam

Während der Schwangerschaft habe ich immer wieder gesagt „Das mache ich auf keinen Fall“, um dann irgendwann doch genau die Dinge zu tun, die ich vorher vehement abgelehnt und voll tiefster Überzeugung verneint habe. Da wären zum Beispiel die Atemübungen, bei denen man hechelt wie ein Hund. Weit vor der Schwangerschaft habe ich meinem Mann mehr als einmal gesagt: Wenn wir einmal ein Kind bekommen und an einem Geburtsvorbereitungskurs teilnehmen, dann ist das letzte was ich mache wie ein sehr durstiger, ausgelaugter Hund zu hecheln. Es war letztlich nicht der Geburtsvorbereitungskurs, der mir Hechel-Übungen abverlangte, sondern die erste Stunde beim Schwangerschaftsyoga. Um lange beweglich zu bleiben und auch ein wenig Entspannung zu finden, habe ich sehr früh mit Schwangerschaftsyoga begonnen und lies mich auch nicht abschrecken als in der ersten Stunde die Atemübungen aus Hecheln bestanden. Eine Atmung, die nur selten benötigt wird bei der Geburt und vermutlich eher dazu da ist billige Klischees zu bedienen. So saßen wir in trauter Runde und haben gehechelt wie die Weltmeister. Auch sonst bin ich eigentlich nicht die Shanti-Shanti Yoga-Frau. Normalerweise führen zu viel Esoterik, Räucherstäbchen und Klangschale bei mir zu einem dicken Grinsen im Gesicht, das ganz schnell in ein hysterisch pubertierendes Gegluckse endet. Ich find mich dann selber zwar noch peinlicher als die Klangschale, aber meist kann ich nicht anders. Ich mag Yoga clean und aufgeräumt ohne viel Chichiundchacha. Die wunderbare Frau Jäger hat aber dann in ihrer sehr resoluten und liebenswürdigen Art gezeigt, dass es gar nicht verkehrt ist sich ein wenig dem verschnörkelten Yoga hinzugeben. Und auf einmal hörte ich mich auch bei manchen Übungen tönen und Laute machen wie „Maaaaaammmm“ oder „Rrraaammm“, um die Atmung noch besser zu kontrollieren.

Ein weiteres „Das mache ich auf keinen Fall“ Erlebnis war das Thema Babybauch-Shooting. Über Geschmack kann man ja bekanntlich viel zanken und was der eine als Kunst ansieht ist für den anderen fürchterlicher Kitsch. Bei Fotografien oder Bildern, die einen Anspruch an Professionalität haben, ist der Grad zwischen Kunst und Kitsch dünn wie Eierschale. Ich hatte schon zu viele fotografierte Babybäuche gesehen, bei denen ich mir ein „Oh ja, toll“ raus gequetscht habe und eigentlich vor lauter Scham das Buch zu schlagen wollte. Jeder hat eine Scham- und Peinlichkeitsgrenze und meine ist da leider sehr empfindlich, ähnlich wie bei einem Reizmagen. Während andere voller Hingabe „Bauer sucht Frau“ oder „DSDS“ schauen können, winde ich mich und hoffe, dass meine Organe nicht vor lauter Schock und Schrecklichkeit aufhören zu arbeiten. Das Thema Babybauch-Shooting war für mich deshalb nie eine ernsthafte Überlegung wert, da ich viel zu schissig war, dass sich irgendwer furchtbar fremdschämen muss aufgrund meines fotografierten Babybauches. Als aus der Murmel, dann aber eine Kugel wurde und man auch irgendwie stolz darauf war, was der eigene Körper alles so kann, wurde ich ein wenig leidlig. Denn anders als andere Paare haben wir den Bauch nicht wöchentlich fotografiert und auch mein Mann brauchte immer eine Extraeinladung, um nochmal ein Ganzkörperfoto von mir festzuhalten – insgesamt gibt es glaube ich acht Bilder von mir im Schwangerenmodus. Als dann eine Freundin mir ihre Bilder von einem Babybauch-Shooting zeigte hat es mich dann doch noch gepackt und nun hängen in unserer Wohnung Bilder vom Babybauch und ich durfte schon live dabei sein, wenn meine stolze Mutter die Bilder immer wieder gern anderen zeigt, die dann verschämt lieber woanders hinschauen.

Und so ist es dann auch mit diesem Blog: Ein Freund von mir, der im letzten Jahr selber einen Blog gestartet hat, schrieb mir irgendwann, dass doch jetzt der perfekte Zeitpunkt sei mit einem Blog zum Thema Schwangerschaft, Kinder und dem ganzen Hokus und Pokus und natürlich lautete meine Antwort: „Bist Du irre? Auf gar keinen Fall werde ich einen Blog dazu starten und mich zum Affen machen und mein Privatleben zur Schau stellen – und schon gar nicht werde ich Babybilder dem Internet preisgeben. Da gibt es schon genug hormongesteuerte Hippster-Bräute und richtig gute Autoren, die das machen.“

Was soll ich sagen. Hier ist er der Blog, der sich genau mit den Themen auseinandersetzt.

Und warum nun doch? Weil es einfach so eine irre, verrückte, aufregende, neue Welt ist in der man ganz neue Menschen- und Charaktertypen begegnet, die so viele neue Gedankenwirbel produzieren, dass sie auf jeden Fall geteilt werden müssen und wenn es nur ein Online-Tagebuch für mich selbst ist. Was allerdings nach wie vor ein No-Go ist, sind Babybilder vom Nachwuchs. Vielleicht mal ein kleiner Fuß oder ein winziger Daumen, der hier veröffentlicht wird. Ansonsten werde ich versuchen die Einträge in Bildern festzuhalten, die ohne Kind auskommen. Aber wer weiß, mittlerweile sollte mich die Schwangerschaft gelehrt haben: Sag niemals nie!